440er Stahl für rostfreie Messerklingen

440er Stahl für Messerklingen: Was ist das für ein Stahl, warum ist er so berühmt geworden und warum nutzen ihn so viele Messerhersteller sowohl bei uns in der Messerstadt Solingen als auch in den USA? Es gibt drei verschiedene 440er Stahlsorten, nämlich den 440A, den 440B und den 440C Stahl.
Eine Vergleich der drei Stähle wird aus dem nachfolgenden Artikel und der Tabelle im Anschluss ersichtlich.

Dieser Stähle dienen in der industriellen Messerherstellung inzwischen aus diversen Gründen als „Universalstahl“.

Vorteile des 440er Stahls für die Industrie

Der erste zu nennende Grund ist die Rostbeständigkeit. Durch seinen hohen Chromanteil von ca. 16 % hat der 440er Stahl eine sehr hohe Rostbeständigkeit, die von anderen Stählen kaum zu überbieten ist.

Ein weiterer Pluspunkt, den die Industrie sich für einen Messerstahl wünscht, ist die leichte Schärfbarkeit. Messer aus diesem Stahl sind für viele Anwender ohne Probleme leicht selbst nachzuschärfen. Die Wärmebehandlung dieses Stahls kann so erfolgen, dass auch der „Missbrauch“ des Messers nicht direkt mit Klingenausbrüchen oder gar Klingenbrüchen einhergeht. Das ist für die Industrie natürlich ein großes Plus, sonst würden Gewährleistungsansprüche ganze Industriezweige vernichten, wenn Messer mal wieder als Schraubendreher benutzt werden.

Für den Anwender ergibt sich aber ein sehr großer Nachteil dieses Stahls: die sehr geringe Schnitthaltigkeit. Die Industrie will das zwar nicht wahrhaben, aber bei den Messermachern, die ihre Messer noch von Hand fertigen, findet man kaum ein Messer aus 440er Stahl. Messermacher fertigen hochwertige Messer meist aus niedrig- oder unlegiertem Carbonstahl.

Ein großer Vorteil für die Industrie ist die Rostbeständigkeit des 440er Stahl

Schnitthaltig oder Rostbeständig?

Es gibt zwei Dinge, die sich fast ausschließen: Das sind Schnitthaltigkeit und Rostbeständigkeit. Rostbeständigkeit im Stahl kann nur erreicht werden, wenn eine Mindestmenge von 13 % Chrom im Stahl enthalten ist. Der Zusatz von Chromanteilen im Stahl ist aber behaftet mit großen Karbiden, die in der Messerschneide schnell zu Mikroausbrüchen führen und  das Messer schnell stumpf werden lassen.

Ich versuche mal, das anhand eines Beispiels zu erklären: Vergleichen wir mal eine Tafel Nussschokolade mit einem Stück Messerstahl. Es gibt Schokolade mit ganzen Nüssen und Schokoladen mit fein zerhackten Nussstückchen. Wenn Sie beide Tafeln Schokoladen mal auseinanderbrechen, werden Sie feststellen, dass die großen Nüsse eine große Unebenheit hinterlassen. So ähnlich ist es beim Stahl auch. Stähle mit viel Chrom bilden große Carbide und somit schnell große Ausbrüche. Diese sind mit dem Auge zwar nicht zu sehen, beim Schneiden aber durchaus spürbar.

Schnitthaltigkeit und Rostbeständigkeit sind Faktoren, die nicht immer zusammen passen.

Werkstoffbezeichnung der 440er Stähle

Die Bezeichnung „440“ kommt aus den USA, dieser Stahl ist dort in der AISI-Norm über die Nummer „440“ normiert. Es gibt diverse Stahlbezeichnungen in den USA, die mit 440 beginnen: 440A, 440B und 440C und noch einige weitere „verwandte stainless“ Sorten, die aber hier nicht zur Diskussion stehen, weil sie für die Herstellung von Messern und Messerklingen nicht geeignet sind.
Hier in Deutschland haben diese Stähle andere Werkstoffbezeichnungen, nämlich folgende:

Tabelle: Vergleich amerikanische und deutsche Bezeichnungen für den 440er Stahl

Amerikanische AISI-Norm Deutsche Werkstoffbezeichnung Veraltete DIN Bezeichnung
440A 1.4109 X 70 Cr Mo 15
440B 1.4112 X 90 Cr Mo V 18
440C 1.4125 X 105 Cr Mo  17

Die drei genannten Stahlsorten unterscheiden sich durch die Zusammensetzung der Legierung, dort aber hauptsächlich im prozentualen Anteil des Kohlenstoffs. Die restlichen Legierungselemente sind fast identisch. In untenstehender Tabelle sind alle Legierungselemente dargestellt, dort werden die Unterschiede noch einmal deutlich. Je höher der Kohlenstoffanteil im Stahl, desto härter kann die Klinge (theoretisch) werden. Wer zu diesem Thema etwas erfahren möchte, dem sei der Artikel „Härte von Messerklingen“ empfohlen.

Tabelle: Vergleich von Legierungen der Stahlsorten 440A, 440B und 440C

Stahlbezeichnung Kohlenstoff (C) Chrom (Cr) Molybdän (Mo) Silizium (Si) Mangan (Mn)
440A 0,7 % 14 % – 16 % 0,8 % 1 % 1 %
440B 0,9 % 17 % – 19 %
0,9 % 1 % 1 %
440C 1,1 % 16 % – 18 % 0,6 % 1 % 1 %

Zusammenfassung:

440er Stahl ist ein Universalstahl der Industrie, um möglichst „unsensible“ Messer als Massenware herstellen zu können. Die Schnitthaltigkeit gegenüber Messern aus Kohlenstoffstahl ist bei den 440er Stählen weitaus geringer. Bei einem Vergleich schneiden die Messer aus 440C Stahl bei der Schnitthaltigkeit allerdings weitaus besser ab,  als Messer aus den Stählen 440A und 440B.

2 Kommentare… Kommentar hinzufügen
  • Karl Marx

    Was ist eigentlich der Unterschied zwischen 440er, Inox und Nirosta Stahl ?

    • David

      440er sind konkrete Stahllegierungen, wie im Artikel beschrieben.
      NiRoSta steht für Nicht Rostender Stahl und ist eine Handelsmarke von Thyssen-Krupp, steht meines Wissens nach für keine konkrete Legierung.
      Inox ist kurz für Inoxydable, die französische Bezeichnung für rostfreien Stahl und steht ebenfalls nicht für eine konkrete Legierung.

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